Einblicke und Erfahrungen in den österreichischen Markt💡
Wie Unternehmen die Krise meistern können.

Die Interviewreihe im A.B.S. Blog:
Andreas Draxler trifft Thomas Bravo: Wie gut ist die Stimmung wirklich?

In der heutigen wirtschaftlichen Landschaft ist es für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, ein effektives Risikomanagement zu betreiben. Die unvorhersehbaren Ereignisse der letzten Geschäftsmonate haben österreichische Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt und viele von ihnen kämpfen weiterhin mit Unsicherheiten, die sich auf ihre Liquidität und Finanzsituation auswirken. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, sich regelmäßig über die Entwicklungen am Markt auf dem Laufenden zu halten und Maßnahmen zu ergreifen, um Risiken zu minimieren.

Andreas Draxler, Vorstand der A.B.S. Factoring AG, hat sich deshalb mit Thomas Bravo, Vorstand des Bundesverbands Credit Management Österreich, getroffen, um ein Update zur Risikoentwicklung zu erhalten und wichtige Einsichten zu teilen. Welchen Erfahrungen begegnet der Finanzexperte aktuell am Markt?

Herr Bravo, als Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Credit Management Österreich (BvCM) haben Sie täglich Einblick in ein breitgefächertes Netzwerk. Aktuell wird viel von Rohstoffknappheit, Preissteigerungen, Aufhol- und Rebound Effekten berichtet. Wie bewerten Sie die momentane Lage in Hinblick auf Branchenrisiken & -entwicklungen?

Thomas Bravo: Wie globalisiert die Wirtschaft heute ist, hat uns eindrucksvoll die Corona-Pandemie gezeigt, die beginnend als Gesundheitskrise mit unheimlicher Dynamik eine wirtschaftliche Krise auslöste, mit langanhaltenden Auswirkungen gerade im Bereich der Lieferketten. Hinzu kommt die Inflation und die steigenden Energiepreise. Als BvCM Österreich stehen wir daher in ständigem internationalem Austausch mit anderen Kollegen der Federation of European Credit Management Association (FECMA). Unternehmen haben nach wie vor auch in diesem Jahr mit externen Herausforderungen zu kämpfen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Bauunternehmen

Gerade vor kurzem hat mir ein Geschäftsführer eines Bauunternehmens sein Leid geklagt, dass sein Unternehmen die Arbeiten auf manchen Baustellen stoppen muss, weil gewisse Baustoffe nicht geliefert werden können. Sein Lieferant stammt aus Österreich, war mehrere Monate in Kurzarbeit, die Baustellen wurden aber weiterbetrieben. Der Zulieferer kann jetzt die mehrmonatige Lücke durch die verminderte Produktion während der Kurzarbeit nicht rasch schließen. Zwar könnte der Lieferant die Maschinenauslastung erhöhen, dadurch mehr produzieren und schneller die Lücke schließen, jedoch fehlen ihm dazu die notwendigen Mitarbeiter. Hier bremst der Arbeitskräftemangel zusätzlich die weitere Wachstumsdynamik. Positive Entwicklungen sehen wir im Informations- und Kommunikationssektor – speziell im Bereich Medienkonsum und Elektronik, aber auch in den Bereichen Bau, Lebensmittel und Papier. Stärkeres Wachstum im Bau wird aber durch die bereits erwähnten Punkte gebremst.

Die Pain Points kleiner und mittlerer Unternehmen werden also verschärft. Insbesondere die Unternehmen, die bereits zuvor schon mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen hatten. Was wäre Ihr dringender Appell an alle klein- und mittelständischen Betriebe?

Thomas Bravo: Um Liquiditätsengpässe zu vermeiden, sollte als akute Sofortmaßnahme unbedingt mit der Hausbank die gesamte Situation offen und ehrlich besprochen werden, um nicht eine mögliche Zahlungsunfähigkeit aufgrund von reduzierten Kreditlinien zu riskieren. Unterlagen oder unterjährige Abschlüsse, welche eventuell negative Entwicklungen zeigen, dürfen nicht aufgrund etwaiger Befürchtungen zurückbehalten, sondern müssen unbedingt offengelegt und argumentiert werden. Sobald die Liquidität für die erste Phase gesichert ist, müssen Unternehmen das in Forderungen gebundene Kapital rasch freisetzen respektive die Forderungslaufzeiten verkürzen.

Das hört sich jetzt sehr technisch und komplex an, in Wahrheit geht es aber „nur“ darum, dass man die Kunden zu einer schnelleren bzw. fristgerechten Zahlung bewegt, um Geld auf sein eigenes Konto zu bekommen und dadurch die Liquidität zu verbessern. Dies kann durch ein konsequentes Mahnwesen, Zahlungszielverkürzungen oder Skontovereinbarungen erreicht werden. Mittel- bis langfristig sollte geprüft werden, ob nicht mehr für den Betrieb unbedingt notwendiges Anlagevermögen verkauft werden kann. Durch den Verkauf von Maschinen, Fahrzeugen,… können wieder Zahlungsströme generiert werden.

Wenn finanzielle Reserven nicht mehr ausreichen, gerät schnell eine Abwärtsspirale in Gang, an deren Ende oftmals die endgültige Zahlungsunfähigkeit steht. Haben Sie konkrete Tipps, was Unternehmerinnen und Unternehmer tun können, um die Handbremse zu ziehen?

Thomas Bravo: Zu den bereits genannten Maßnahmen kann die Leistungserbringung auf Basis von Vorauszahlungen vereinbart werden, viele Kunden lehnen dies aber ab. Eine weitere Möglichkeit, sofern dies im Unternehmen noch nicht gemacht wird, ist die Abstimmung der Zahlungsziele des Lieferanten mit denen der eigenen Kunden. Sind die Zahlungsziele bei meinen Kunden länger als die bei meinen Lieferanten, generiert man daraus künstlich eine Liquiditätslücke. Bei Unternehmen, bei denen der Einkauf aufgrund des geringen Volumens eine untergeordnete Rolle spielt, hat eine Optimierung weniger positive Auswirkung.

Sofort Geld auf das Konto, unabhängig der Zahlungsziele, bringt Factoring!

Thomas Bravo: Neben der schnellen Beschaffung von liquiden Mitteln, können durch Factoring Unternehmen auch das Ausfallrisiko auf den Factor übertragen. Forderungsausfälle sind ein häufiger Grund für Insolvenzen, mit Übertragung dieses Risikos ist das eigene Unternehmen vor einer Insolvenz besser geschützt. Darüber hinaus prüft der Factoring-Partner laufend die Bonität der Kunden und informiert das leistende Unternehmen über Veränderungen im Rating. Neben der Finanzierungsfunktion und der Übertragung des Ausfallsrisikos ein weiterer Vorteil von Factoring.

Vorteile kennenlernen!

Stichwort Forderungen: Als Leiter Finanz- und Rechnungswesen der I.K. Hofmann GmbH sind Sie spezialisiert auf das Forderungsmanagement. Was sind die häufigsten Fehler, die Sie in Unternehmen beobachten? Wo sehen Sie die größten Lücken?

Thomas Bravo: Die häufigsten Fehler, gerade im Bereich der KMU´s, sind falsche Rechnungslegungen, welche nicht §11 Umsatzsteuergesetz entsprechen (Merkmale/Inhalte einer Rechnung). Bei falscher Rechnungslegung verweigert ein Kunde die Zahlung, weil dieser sonst den Vorsteuerabzug verliert. Nicht selten wird auch viel zu spät fakturiert. Nach Abschluss der Leistungserbringung sollte unverzüglich die Rechnung an die Kunden übermittelt werden. Weiters wird häufig verspätet, nicht regelmäßig oder gar nicht gemahnt. Mahnungen werden als etwas Negatives betrachtet und viele Unternehmen sind der Meinung, dass sie durch ein konsequentes Mahnwesen ihre Kunden verlieren, dem ist grundsätzlich aber nicht so. Sollte ein Kunde negativ auf Mahnschreiben reagieren, besteht die Möglichkeit, diesen einfach telefonisch zu kontaktieren und nachzuhaken. Ein freundliches Nachfragen, ob dieser die Rechnung auch wirklich erhalten hat und die erbrachte Leistung in Ordnung war, kann nicht nur den Zahlungseingang beschleunigen, sondern im besten Fall sogar die Kundenbeziehung stärken und konstruktives Feedback einbringen. Häufig beobachte ich mangelnde Diversifikation im Kundenportfolio – Klumpenrisiko aufgrund weniger Kunden mit großem Auftragsvolumen-, gerade bei kleineren Unternehmen. Hier schmerzt eine Kundeninsolvenz stark und kann die eigene Existenz gefährden. Bei Kunden mit großem Auftragsvolumen sollte die Bonität regelmäßig überprüft werden, um nötigenfalls bei Bonitätsverschlechterung die Geschäftsbeziehung rechtzeitig beenden zu können.

Herr Bravo, in 3 Stichworten: Wie sieht Ihrer Meinung nach die Fremdkapitalfinanzierung der Zukunft aus?

Thomas Bravo: Individuell – Flexibel – Transparent! 😉

Vielen Dank für das Interview!

Zur Person

Thomas Bravo ist Leiter Finanz- und Rechnungswesen der I.K. Hofmann GmbH und als Vorstand im BvCM Österreich tätig. Er weist über 10 Jahre Erfahrung im Credit- und Forderungsmanagement auf und wechselte vor 6 Jahren von einer großen Regionalbank zu Hofmann Personal, mit 5.000 Mitarbeitern und 220 Millionen Umsatz (vor Corona) einem der größten Personaldienstleistungsunternehmen in Österreich.

Zum Verband

Der BvCM ist der Bundesverband der Credit Manager in Österreich. Er vertritt die Interessen seiner Mitglieder und steht als kompetenter Ratgeber für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft im Bereich Credit Management zur Verfügung. Der Verband verfolgt das Ziel, die Bedeutung und den Nutzen des Credit Managements für den Unternehmenserfolg hervorzuheben und das Berufsbild zu einem selbstverständlichen Bestandteil in der österreichischen Wirtschaft zu entwickeln. Als Mitglied der Federation of European Credit Management Association (FECMA) bietet der BvCM seinen Mitgliedern den Informations- und Erfahrungsaustausch in einem internationalen Netzwerk an.

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